Die Zeit in Marokko geht zu Ende und es heisst Abschied nehmen! Abschied von Marokko, von lieben Menschen und Segelfreunden! (Zum Glück trifft man sich oft wieder, die Segelgemeinschaft ist nicht so gross und trifft sich immer wieder auf gleichen Routen.)
Am 29. März kommt Hanspeters Bruder Beat zu uns. Gemeinsam wollen wir die Strecke zu den Kanaren segeln. Die Wetterprognosen sagen starke Winde voraus und uns bleibt etwas Zeit um Beat die beiden Städte Rabat und Salé zu zeigen. Am 2. April lassen die Wellen es zu, dass wir zum Hafen von Rabat rausfahren können.
Wir legen um 15.30 Uhr bei Hochwasser in der Marina los mit Ziel des 40 sm entfernten Mohammedia. Alle sind wir lange nicht mehr auf bewegtem Wasser gesegelt kämpfen mit der Seekrankheit. Die Einfahrt vom Hafen von Mohammedia kennen wir ja schon und deshalb können wir ohne Schwierigkeiten dort auch nachts einlaufen. Um 23.00 Uhr legen wir in der Marina an. Gespannt sind wir, ob das Wetter es zulässt, dass wir bis zum 9. April La Graciosa, eine kleine Insel nördl. von Lanzarote erreichen. Beat’s Flug geht am 10.April.
Am Dienstag am 6. April heisst es endgültig Abschied nehmen von Marokko. Mit einem lachenden und einem tränenden Auge legen wir morgens in Mohammedia ab. Wir kommen wieder!
Etwa 500 sm (ca.930 km)liegen vor uns. Der Wetterbericht sagt moderate bis starke Winde aus nördlicher Richtung voraus. In der Höhe von Essaouira und Agadir wird ein Starkwindgebiet vorausgesagt. Dieses möchten wir umsegeln und halten uns etwas mehr westlich als notwendig. Die erste Nacht hält uns auf Trab, wir sind plötzlich von vielen Fischerbooten umgeben. Einige sind mit einem roten Blitzlicht beleuchtet, einige führen gar kein Licht. Es ist schwierig die Richtung und Kurs der Boote einzuschätzen. Wir haben beide Genuas mit den Spibäumen gesetzt und sind eingeschränkt für einem schnellen Kurswechsel.

Viele Wolken verdunkeln die Nacht. Wir sind froh die Fischer hinter uns gelassen zu haben. Während der ganzen Strecke machten wir jeweils ein Etmal von etwa 138sm. Damit sind wir zufrieden und kommen gut voran. Das System mit dem zweiten Stag und den beiden Rollanlagen überzeugt uns bei Vorwindkursen. Wir haben unseren kleinen Besan zur Stabilisation gesetzt und die Hydrovan (Windsteueranlage) steuert vorzüglich. Die ausgebaumten Genuas können mühelos ein- und ausgerollt werden.

Für die zweite Nacht ist mehr Wind angesagt und wir haben die beiden Genuas schon sehr stark gerefft und segeln immer noch mit 7 kn den Kanaren entgegen. Die Wellen türmen sich hoch.

Um Mitternacht zeigt der Windmesser plötzlich 40 kn an und wir wollen nochmals reffen, doch zu spät! Ein Knall und der Backbordspibaum fliegt in Richtung Kockpitfenster. 30 cm davor stoppt er da er mit Nieder- und Hochholler festgezurrt ist. Eine Kettenreaktion beginnt, das Schiff luft an und der zweite Spibaum kann den Kräften nicht standhalten und bricht mitten entzwei. Bereit zum Reffen, standen wir alle fassungslos im Kockpit. Motor an, nur schnell alles wieder in den Griff kriegen, damit der Schaden so klein wie möglich bleibt. Lilian am Steuer, Beat und Hanspeter angeschnallt auf dem Vorschiff mühen sich mit dem festzurren der Spibäume ab. Nach einer Stunde ist alles wieder in Ordnung und auch der Wind nicht mehr so stark. Wie froh sind wir zu dritt an Bord zu sein. Nach einer Inspizierung des gebrochenen Spibaumkopfes stellen wir eine grosse Luftblase im Gussteil fest. Materialfehler! Wir hatten diesen Spibaum das erste Mal im Einsatz! Glück im Unglück ausser Materialschaden ist nichts passiert. Die Weiterfahrt wird immer angenehmer, zum Schluss müssen wir sogar noch etwas Motorsegeln, damit wir vor dem Eindunkeln ankommen. Eine Schule von Delfinen begleitet uns noch ein gutes Stück. Nach vier Tagen und drei Nächten und 460 sm legen wir abends am 9. April im Hafen von La Graciosa an.